Vier Kirchen – ein Chor
Chor und Raum – ein Buch, ein Chor, vier Kirchen
Was als Idee am Ende eines Chorlagers begann, nahm in den Jahren 2008/2009 Konturen an und liegt seit einiger Zeit als fertige Produktion vor, unsere taktwechsel-CD „Vier Kirchen – ein Chor“.
Die Absicht war es, den Chor in verschiedenen Räumen – ausgewählte Dorfkirchen in Sachsen – auf CD vorzustellen. Als besondere Herausforderung galt dabei, die Veränderung des Chorklanges in den unterschiedlichen Räumen zu erleben und auf dem Tonträger hörbar zu machen. In Frank Bucher † vom Tonstudio B aus Hormersdorf im Erzgebirge hatte taktwechsel dabei einen versierten und feinfühligen Partner an seiner Seite, der mit viel Engagement unsere Vorstellungen zum Projekt realisierte.
Entstanden ist so ein Querschnitt aus dem stetig wachsenden Repertoire des Chores, dass sich sowohl in geistlichen als auch in weltlichen Programmen wieder findet.
Christian Günther
St.-Annen-Kirche Grünstädtel
Unter Musikern gilt das barocke Gotteshaus mit seiner wunderschönen Akustik als etwas ganz Besonderes. So musizierten der Dresdner Kreuzchor und auch Ludwig Güttler schon hier – und auch wir taktwechsler waren froh, die bestehenden Klangverhältnisse für unsere CD-Aufnahmen nutzen zu können.
Beim Eintreten in die Kirche fallen zunächst das lange Schiff, die umlaufenden Doppelemporen und die darunter gelegenen Betstuben ins Auge. Helle und freundliche Farben lassen den Raum offen und großzügig wirken. Zentraler Blickfang ist der ca. 500 Jahre alte Flügelaltar, der die Kirche seit den frühen 80er Jahren wieder ziert. Er zeigt die Heilige Anna Selbdritt – die Mutter der Jungfrau Maria, die auf dem rechten Arm das Jesuskind und auf dem linken Arm ihre Tochter trägt. Diese Darstellung der drei Generationen kann auch als Symbol unserer taktwechsel-Philosophie dienen: Familie ist uns ein ganz wertvoller Begriff. Mit gemeinsamen Auftritten führen wir unsere Kinder an die Schönheit der Musik heran und zeigen in unseren Aktivitäten, dass eine Gemeinschaft, in der man sich aufeinander verlassen kann, wichtig im Leben ist.
Die Grünstädtler Kirche wurde anstelle der früheren Wallfahrtskirche der St.-Annen-Gemeinschaft errichtet und 1724 geweiht. Um sie von ihrer großen Schwester in Annaberg zu unterscheiden, wird sie die „Kleine St. Anna“ genannt. Danke, dass wir dies alles erfahren und an Ort und Stelle erleben durften.
Ronni-Ulrike Schlegel
Kirche in Hohenfichte
Heute betreten wir die Kirche in Hohenfichte, deren Entstehungsgeschichte mich in zweierlei Hinsicht neugierig gemacht hatte. Zum Einen war der Bau der Kirche der Unnachgiebigkeit und Beständigkeit vor allem der Frauen des Dorfes zu verdanken. Zum anderen war da Max Hauschild, ein Garnfabrikant, ohne dessen Großzügigkeit wir heute nicht zu Gast in diesem Hause sein könnten. Letztlich waren es aber ein junger Architekt namens Rudolf Schilling und sein Partner Julius Gräbner, Sohn eines Strumpfwirkers, die das Gebäude zum Leben erweckten.
Um es vorweg zu nehmen, es war wie nach Hause kommen. Ich habe selten eine so viel Freundlichkeit ausstrahlende Kirche erlebt. Und ich sage bewusst „erlebt“, denn dieses Gotteshaus hat eine ganz eigene Atmosphäre, in der Böses unmöglich einen Platz haben kann. Als Mutter von zwei Kindern konnte ich spüren und sehen, mit wie viel Liebe die Erbauer hier zu Werke gegangen sind. Überall begegneten mir Kindergesichter – am Aufgang zur Kanzel in Holz geschnitzt, auf dem Altarbild, auf dem Jesus die Kinder segnet. Wer auch immer auf diese Arbeiten Einfluss hatte, es müssen herzliche und gütige Menschen gewesen sein, denen das Wohl der Kinder am Herzen lag.
Am Balkon der Empore steht in goldenen Lettern der Bibelspruch, der in diesem Haus zu leben beginnt: Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewiglich…
Ich wünsche mir, dass der Geist dieser Kirche in viele Häuser einziehen und dass unser Gesang dabei hilfreich sein möge.
Simone Maron
St. Katharinenkirche Callenberg
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ Ich meine, die Gedanken vieler von uns ließen sich so zusammenfassen, als wir die Kirche in Callenberg betraten. Gerade ich als gebürtiger Rußdorfer – als Stadtteil von Limbach-Oberfrohna in unmittelbarer Nachbarschaft dieses Gotteshauses – muss mich damit rügen lassen. Bislang kannte ich diese wunderbare Kirche lediglich von außen, um nicht zu sagen „vom Vorüberfahren“.
Die von 1856 bis 1859 im neoromanischen Stil erbaute „St. Katharinenkirche“ strahlt äußerlich für mich nicht nur den Zeitgeist der Epoche des Baus aus. Vielmehr trägt sie auch den Charakter der Menschen und der dörflichen Umgebung an sich, deren Mittelpunkt sie ist, an sich. Klar und schlicht aber unerschütterlich.
Die Überraschung, in Form einer voluminösen Akustik, offenbarte sich bereits beim Betreten des Kirchenraumes und dem obligatorischen „Ausprobieren“ des Klanges. Ich für meinen Teil war anfangs erschrocken und zugegeben etwas skeptisch, ob es gelingen wird diesen Klang auf einen Tonträger zu bannen – und so bleibt meine Anregung zum Vergleich in situ.
Marcus Goldhahn
St. Nikolaikirche Chemnitz
Nachdem wir in drei Dorfkirchen gesungen haben, standen wir vor der Frage: Wo nehmen wir die restlichen Titel auf? Das Buch zur Idee hielt durchaus noch einige Ideen bereit, aber irgendwie kam unser Terminkalender nicht mit dem der angefragten Gemeinden überein: Trauungen, Bauarbeiten oder Dorffeste ließen keine Tonaufnahmen zu. Aus der Not eine Tugend machend, entschieden wir uns deshalb, die Arbeiten an unserer ersten CD in einer Chemnitzer Kirche zu beenden. Unsere Wahl fiel mit Bedacht auf die Kirche der St.-Nikolai-Thomas-Gemeinde, einer Gemeinde mit einer wechselvollen Geschichte. Und mitten in dieser Geschichte proben wir jeden Monat – direkt zwischen dem Standort der zerstörten Nikolai-Kirche und dem der früheren Thomas-Kapelle an der Michaelstraße.
Eben diese Kapelle wurde vor eingen Jahren zur neuen St.-Nikolai-Kirche geweiht und dort trafen wir uns nun zu weiteren Aufnahmen.
Als ich mich ein erstes Mal auf den Weg zu dieser Kirche gemacht habe, war ich zunächst verwirrt ob des Gefühls, eigentlich einen Friedhof zu besuchen. Über den Hauptweg läuft man scheinbar geradewegs auf eine Friedhofskapelle zu. Diese stellt sich von außen als schön sanierter, am Abend in angenehmes Licht gerückter Klinkerbau dar, der sich dem Besucher beim Hereinkommen als überraschend großer Kirchenraum in schlichter Gestaltung präsentiert. Blickfang wird sofort das große runde bunte Glasfenster über dem Altar, durch das auch uns am Nachmittag der Aufnahmen die Sonne in die Herzen schien. Und irgendwie haben wir festgestellt, dass diese Kirche uns nicht nur geografisch entgegenkommt. Als kleiner Chor fühlten wir uns in dieser für städtische Verhältnisse eher kleineren Kirche auch akustisch sehr geborgen.
Susanne Kruggel †